Geschlechtsangleichung

Geschlechtsangleichung
Geschlechtsangleichung
 
(Geschlechtsumwandlung, Geschlechtsänderung): Bezeichnung für hormonelle und chirurgische Eingriffe zur Anpassung des Geschlechts. Eine Geschlechtsangleichung wird vorgenommen, wenn keine eindeutige Geschlechtszugehörigkeit besteht (Intersexualität) oder wenn eine starke Identifikation mit dem anderen Geschlecht mit hierdurch verursachten psychischen Konflikten vorliegt (Transsexualität). Transsexuelle Personen haben oft einen erheblichen Leidensdruck, fühlen sich in einen Körper mit dem falschen Geschlecht hineingeboren und sind großen psychosozialen Belastungen ausgesetzt.
 
Nach erfolgter gerichtlicher Genehmigung der Änderung des Vornamens (und Erhalt einer entsprechenden Geburtsurkunde) aufgrund verschiedener Fachgutachten kann die Geschlechtsangleichung bei Transsexualität in zwei Schritten erfolgen:
 
Erster Schritt ist die Verpflichtung, wenigstens ein Jahr im täglichen Leben in der Rolle des angestrebten Geschlechts zu leben, bei gleichzeitiger Hormonbehandlung. Bei einer Frau, die männliche Hormone (Testosteron) bekommt, wachsen die Körper- und Barthaare, die Stimme wird tiefer, die Muskeln des Körpers prägen sich im Sinne einer Vermännlichung stärker aus. Bei der Behandlung eines Mannes mit weiblichen Hormonen (Östrogene) bilden sich Brüste und die Körperformen werden weicher.
 
In einem zweiten Schritt werden mithilfe einer oder mehrerer Operationen bei der Mann-zu-Frau-Geschlechtsangleichung die Hoden entfernt (Kastration), ebenso die Penisschwellkörper einschließlich der Eichel; die Haut von Penis und Hodensack wird (eventuell mit einem Hautlappen vom Gesäß) zur Formung der Scheide (zwischen den Beckenbodenmuskeln) und der zwei Paar Schamlippen verwendet; ein Teil der Eichel ergibt einen Kitzler. Die männliche Harnröhre wird verkürzt eingenäht. Das kosmetische Ergebnis dieser aufwendigen Operation ist recht gut: Die so zur Frau gewordenen Menschen können problemlos Geschlechtsverkehr mit Männern haben und auch volle sexuelle Befriedigung erreichen. Bei mangelndem Brustwachstum können über einen kleinen Schnitt in der Achselhöhle Prothesen in die Brust eingepflanzt werden. Häufig müssen jedoch die Bart- und Körperhaare immer wieder entfernt werden, oder sie werden aufwendig einzeln elektrolytisch entfernt (epiliert). Gute und dauerhafte Ergebnisse zeigt eine neue Methode der Haarentfernung, die Laserepilation.
 
Bei der Frau-zu-Mann-Geschlechtsangleichung werden zuerst durch Kastration die Eierstöcke und die Gebärmutter sowie die Scheide mit dem inneren Gewebe der Schamlippen entfernt und der Beckenboden am Damm verschlossen. In die Haut am Damm werden Prothesen für die Hoden eingenäht. Schwierig und bisher nicht zufriedenstellend ist die Gestaltung eines Penis mit Prothese zur Versteifung, für die viele Operationsschritte notwendig sind. Die Brüste werden gewöhnlich durch Entfernung des Drüsen- und Fettgewebes einer männlichen Brust angeglichen.
 
Personen, die sich solch aufwendigen Operationen mit schwerwiegenden Folgen unterziehen, benötigen fast immer psychologische Betreuung durch Psychotherapeuten und in Selbsthilfegruppen. Die Hormone müssen regelmäßig weiter genommen werden.
 
Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts kann Transsexualität als eine behandlungsbedürftige Krankheit im Sinne der Reichsversicherungsordnung anerkannt werden; die zuständige Krankenkasse übernimmt dann die Kosten im Zusammenhang mit der Geschlechtsangleichung.
 
Bei Intersexualität erfolgt die Geschlechtsangleichung im Allgemeinen schon im Kindesalter. Diese Form der Geschlechtsangleichung ist mittlerweile umstritten und wird von vielen Betroffenen abgelehnt.

Universal-Lexikon. 2012.

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